Eine individuelle Ausrichtung der Hausaufgaben, die sich an dem Können und am Arbeitstempo des einzelnen Kindes orientiert, ist in Bezug auf die herkömmliche Hausaufgabenpraxis nur schwer umsetzbar.
Lernzeiten im Vormittags- und Mittagsbereich sollen daher die klassischen Hausaufgaben für alle Kinder ersetzen. So hoffen wir, eine individuelle Gestaltung der Arbeits- und Lernformen zu erreichen.
Dabei steht die Förderung konzentrierten Arbeitens im individuellen Lernrhythmus und -tempo in einem bestimmten Zeitrahmen anstelle der Ableistung eines für alle Schüler vorgegebenen Arbeitspensums.
Wir werden zukünftig von Lernzeiten bzw. Schulaufgaben sprechen und diese überwiegend in den Vormittag und Mittag verlagern. Die Schülerinnen und Schüler werden größtenteils in Kleingruppen von ihrer Klassenlehrerin bei den Schulaufgaben begleitet.
An vielen Grundschulen, besonders aber auch Montessorischulen, ist das Thema
„Hausaufgaben“ immer wieder Grund zur Diskussion.
„Der aktuelle Fachdiskurs konzentriert sich vor allem auf die Weiterentwicklung der
Hausaufgabenbetreuung zu Lernzeiten, die u.a. stärker im Stundenplan verankert
sind (…). Lernzeiten sind Zeiten, in denen die Schüler/innen eigenständig und differenziert
unter Hinzunahme des benötigten Materials ihre Aufgaben bearbeiten.“
Durch die Einführung einer Lernzeit kann Chancengleichheit für alle Kinder im
Umgang mit Übungs- und Vertiefungsaufgaben verbessert werden. Die Kinder haben tatsächlich im Sinne Montessoris die Möglichkeit, an ihren Aufgaben individuell weiterzuarbeiten, mit denen sie in der Freiarbeit begonnen haben, sie können Projekte weiterführen oder auch im Arbeitsheft arbeiten. Dies geschieht unter
Fachaufsicht und Anleitung durch die Klassenlehrerinnen.
Dem Elternhaus bleibt weiterhin die Aufgabe mit dem eigenen Kind automatisierend zu üben (z.B. Einmaleinsreihen lernen, Lesen üben, Gedichte auswendig lernen…).
Dazu wird den Kindern und Eltern passendes Material zur Verfügung gestellt.
Die Zielvorstellungen
Lernen lernen – Lernerfolge hängen wesentlich von der Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem Lernen ab. Dafür bringen diese aber völlig unterschiedliche Voraussetzungen mit. Während der Lernzeiten können diesbezüglich schwächere Schüler gezielt unterstützt werden. Durch die Möglichkeit einer solchen Anleitung soll möglichst vielen Schülerinnen und Schülern die Grundlage für ein Arbeiten ohne Hilfe vermittelt werden.
Für besonders wichtig halten wir die dadurch gewonnene Möglichkeit (gerade in den nach Maria Montessori arbeitenden Klassen) des Einsatzes der im Klassenraum vorhandenen Materialien.
Kooperation – Dadurch, dass sich Schülerinnen und Schüler mit ihren (Haus-) Aufgaben nicht allein, sondern in der Gruppe beschäftigen, besteht eine erweiterte Möglichkeit der Unterstützung untereinander. Erfahrungsgemäß profitieren dadurch nicht nur die Schwächeren von den Leistungsstärkeren, sondern auch umgekehrt.
Diagnostik –Lehrkräfte haben durch die Lernzeiten erweiterte Möglichkeiten, Lernschwächen und Kompetenzdefizite bei ihren Schülerinnen und Schülern zu erkennen. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die Stärken mancher Kinder, deren Leistungsbild durch den Prüfungsdruck bei Klassenarbeiten verzerrt sein kann.
Differenzierung – Kindern, die einen Aufgabentyp erkennbar beherrschen, können stärker herausfordernde Aufgaben gestellt werden. Bei anderen Kindern könnte ein erkanntes Defizit zur intensivierten Beschäftigung mit einem bestimmten Aufgabentyp führen, während darauf aufbauende Aufgabenteile zurückgestellt würden.
Förderung – Die vier genannten Aspekte ergeben damit auch die Möglichkeit einer individuellen Förderung. Für leistungsstarke Schüler können zusätzliche Lernmaterialien zur Verfügung gestellt werden, anderen kann durch die Wiederholung eines Unterrichtsschritts entscheidend geholfen werden. Diese Art der Förderung wird häufig von den Eltern geleistet. Hier sind die Chancen für Schulkinder allerdings besonders unterschiedlich, so dass eine (Teil-) Verlagerung der Hausaufgaben in die Schule auch dem Prinzip einer Förderung für alle Rechnung trägt. Da die Teilnahme an den Lernzeiten für alle in der Klasse verpflichtend ist, erreicht man damit auch Schülerinnen und Schüler, die von freiwilligen Angeboten bisher nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht haben.